Die wahre Erkenntnis besteht darin, dass man jene Wahrheiten vom Gehäuse unterscheiden lernt.

Das Herz gleicht einem Wasserbecken und die fünf sinne fünf Bächen, durch die das Wasser sich von aussen in das Becken ergiesst. Wenn du willst, dass das klare Wasser aus dem Grunde des Beckens emporquellen soll, so musst du jenes Wasser ganz daraus entfernen und all den schwarzen Schlamm, den es mitgeführt hat, heraustun und all die Bäche verstopfen, so dass durch sie kein Wasser mehr hineinkommt und dann den Grund des Beckens aufgraben, damit das reine klare Wasser aus dem Inneren des Beckens emporquillt. Solange aber das Becken mit dem Wasser, das von aussen kam, angefüllt ist, ist es unmöglich, dass das Wasser aus dem Inneren aufquillt.

So kann auch jenes Wissen, das aus dem Inneren des Herzens aufsteigen soll, nicht aufquellen, solange das Herz nicht frei ist von allem, was von aussen hereingekommen ist.
 

Wenn aber ein Gelehrter sich von allem angelernten Wissen frei macht und sein Herz nicht dadurch gefangen sein lässt, so wird ihm das frühere Wissen nicht zu einer Scheidewand.

Wenn sich im Menschen jedoch etwas anderes regt, und sagt: "Das widerspricht dem, was ich gehört oder gelesen habe, und alles, was dem widerspricht, ist falsch", so ist es unmöglich, dass einem solchen Menschen die Wahrheit der Dinge offenbar werde.

Denn wer oder was außer die eigene Erfahrung und tiefempfundene Erkenntnis, eröffnet dir, das die Interpretation dessen was du gelesen oder gehört hast, tatsächlich der Wirklichkeit oder Wahrheit entspricht ?


Jene Glaubenssätze, die das gemeine Volk lernt, sind nur das Gehäuse für die Wahrheit, nicht die Wahrheit selbst.

Die wahre Erkenntnis besteht darin, dass man jene Wahrheiten von dem Gehäuse unterscheiden lernt, so wie das innere Mark von der umgebenden Haut. 


*Abu Hamid al-Ghazâlî, (1058 - 1112)

Dem Kranken schmeckt auch süßes Wasser bitter.


Geprüft wird die Liebe durch den Wettstreit mit dem eigenen Vorteil.

Die Menschen wiedersetzen sich den Dingen, weil sie sie nicht verstehen.

*Abu Hamid al-Ghazâlî, (1058 - 1112)

Weisheit

Ein Mensch bleibt weise, solange er die Weisheit sucht; sobald er sie gefunden zu haben wähnt, wird er ein Narr.  *Talmud

Einsame Wege will ich gehen

Nicht sprechen werde ich und ohne Denken sein.
Aber unendliche Liebe geht mir in die Seele ein.
Einsame Wege will ich gehen.
Ich fühle kühl die Halme wehn.
Erlöst bin ich aus aller Zeit.
Befreit in alle Ewigkeit.

Lehre der Sprechenden Gedanken


Der Meister sprach einmal zu seinen Schülern:
„Ich will euch die beste Art weisen, Lehre zu sprechen. Man soll sich selber gar nicht mehr fühlen, nichts mehr sein als ein Ohr, das hört, was die Welt des Wortes in einem redet. Sowie man aber die eigene Rede zu hören beginnt, breche man ab.“

Nachahmung

Im Winter verlangst du nach Pelzkleidung,
aber wenn der Sommer kommt,
wird sie dir zur Last
und du legst sie achtlos beiseite.
So ist es mit der Nachahmung der Lehre.
Sie hält die Leute warm bis zu dem Tag,
an dem die Sonne sie wärmt.
*Rumi (1207-1273)

Boten des Lichts

Immer, wenn das Licht seinen Boten sendet, sendet auch die Nacht ihren Boten. Das Licht hat nur seinen Blick, aber die Nacht hat tausend Arme. Der Bote des Lichts hat nur seine Tat, aber der Bote der Nacht hat tausend Gebärden.
(* Baal Schem Tov 1700 - 1760 )