Krishna zu Arjuna:
Drei-guna-haft die Veden sind,
Erheb dich über diese drei,
Sei standhaft, ohne Leidenschaft,
Vom Paar der Gegensätze frei!
Den Nutzen, den ein Brunnen hat,
Wenn rings ist überschwemmt das Land,
Nur solchen Nutzen hat die Schrift
Für den, der höchste Weisheit fand.
Das Wek zu tun sei dein Beruf,
Nicht kümmre dich's, ob es gelang,
Begehre nie der Taten Frucht,
Doch fröne nicht dem Müßiggang.
Ergebungsvoll tu jedes Werk
Und frei von irdischer Begier,
Ob gut, ob schlecht der Ausgang sei,
Bewahre stets den Gleichmut dir.
Erhaben über alles Tun
Für immer die Erkenntnis bleibt.
In der Erkenntnis suche Schutz,
Verächtlich ist, wen Lohnsucht treibt.
Denn jenseits von Verdienst und Schuld
Steht der, der die Erkenntnis hat,
Drum weihe ernst dem Yoga dich,
Er macht geschickt zu aller Tat.
Die Weisen, die entsagungsvoll
Sich von der Sucht nach Lohn befrein,
Die gehn, erlöst von Wiederkehr,
Zur leidentrückten Stätte ein.
Hat sich dein Denken einmal erst
Vom Wirrsal allen Wahns entfernt,
Erfasst ein wahrer Ekel dich
Vor allem, was du einst gelernt.
Wenn so dein Geist, nicht mehr berückt
Von alter Überlief'rung Schein,
Gesammelt, unbeweglich ruht,
Dann ist die wahre Andacht dein.
Arjuna:
Erkläre noch ein Merkmal mir:
Sag mir, wie der spricht, sitzt und geht,
Der stets gesammelt und vertieft
Im Wissen fest gegründet steht.
Krishna:
Wer jede sinnliche Begier,
O Sohn der Pritha, von sich weist,
In sich und durch sich selbst beglückt,
Den, Tapfrer, nennt man fest im Geist.
Wen nie ein Leid erschüttern kann,
Kein Freudentaumel überwand,
Wer frei von Gier, von Furcht und Zorn,
Ein "Schweigender" wird der genannt.
Wer nicht frohlockt, nicht mürrisch wird,
Ob Glück, ob Unglück ihn befällt,
In allem frei von Leidenschaft,
Der heißt, o Freund, ein Geistesheld.
...
Wem stille Ruhe ward zuteil,
Den fechten keine Leiden an,
Und überlegene Vernunft
Beherrscht bei seinem Tun ihn dann.
Dem Unbeherrschten fehlt Vernunft,
Und auch Versenkung ist ihm fremd.
Wo gibt es Ruhe oder Glück
Für den, der nicht das Denken hemmt?
...
Wo Nacht für alle Wesen ist,
Ist Wachheit dem, der sich bezwingt,
Wo jene wachen, da ist Nacht
Für den, der nach der Weisheit ringt.
In das unerschütterliche
Meer die Ströme sich ergießen,
So in den, der nichts begehrt mehr,
Ruhevoll die Wünsche fließen.
Wer jeglicher Begier entsagt,
Von Selbstsucht und Verlangen rein
Auf dieser Erde wandelt, geht
Zu ruhevollem Frieden ein.
Den Brahma-Zustand nennt man dies,
Wer der erlangt, ist frei von Wahn,
Im Ewigen löst er sich auf
Am Ende seiner Lebensbahn.
*Bhagavad Gita - Zweiter Gesang
(Aus dem Sanskrit übersetzt von Robert Boxberger)
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