ZEICHEN AUF DEM WEG


Ein Mann schickte seine beiden Söhne, Tambu und Rafiki hinaus ins Grasland, um sich in den Dörfern umzusehen. Er gab ihnen den Auftrag: „Hinterlasst Zeichen auf eurem Weg!" Die beiden Söhne gehorchten dem Vater und gingen hinaus ins Grasland. Nach wenigen Schritten schon begann Tambu Zeichen auf seinen Weg zu machen. Er knüpfte einen Knoten ins hohe Grasbüschel, dann ging er ein Stück weiter und knickte einen Zweig von einem Busch. Dann knüpfte er wieder Knoten ins Grasbüschel. So war der ganze Weg, den er ging, voller Zeichen. Aber er zog sich von allen Menschen zurück und sprach mit niemandem.

Ganz anders verhielt sich sein Bruder Rafiki. Er machte keine Zeichen am Weg. Aber im ersten Dorf setzte er sich zu den Männern im großen Haus, hörte zu, aß und trank mit ihnen und erzählte aus seinem Leben. Im nächsten Dorf schloss Rafiki Kontakt mit einem Jungen, der ihn zu seiner Familie mitnahm. Im dritten Dorf bekam Rafiki von einem Mädchen bei der sengenden Hitze einen kühlen Trunk angeboten und durfte das Dorffest mit-feiern. Tambu bekam von alledem nichts mit; er hatte Arbeit mit seinen Grasbüscheln und geknickten Zweigen.

Als die beiden Brüder nach ihrer Heimkehr dem Vater von ihren Erlebnissen erzählten, machte er sich mit ihnen auf denselben Weg. Überall wurde Rafiki mit seinem Vater herzlich aufgenommen - Tambu aber kannte kein Mensch. „Ich verstehe nicht, warum mich keiner kennt", sagte Tambu, „alle sind zu Rafiki freundlich, der nichts anderes getan hat, als geguckt; kein einziges Grasbüschel hat er geknüpft und wird von allen gekannt und geehrt." Da sagte der Vater: „Es gibt noch andere Zeichen als Grasbüschel, mein Kind: Das sind Zeichen, die ein Mensch in den Herzen anderer Menschen hinterlässt, wenn er zu ihnen geht, mit ihnen spricht und ihnen seine Freundschaft zeigt. Solche Zeichen in den Herzen der Menschen bleiben, wenn die Grasbüschel längst von Tieren gefressen oder vom Wind weggetragen sind." Da sagte Tambu: „Ich will auch lernen, solche Zeichen auf meinem Weg zu hinterlassen wie Rafiki."

Link: http://spirituelle-kurz-geschichten.pdf 

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