O Liebe! Unendliche Güte!

O Liebe! Unendliche Güte! Ich kann dir nicht mehr entfliehen! Du bist mir überall voraus, und ich finde dich überall. Ich sehe dich nicht mehr wie durch Nebel, sondern klar und offenbar. Nichts Mittelndes ist mehr zwischen dir und mir. Was soll ich nun tun? Wie werde ich auf dieser Erde leben bei dem Licht und dem Feuer, das mich verzehrt? Nie war ich wie heute verwirrt. Die Kraft, die ich fühle, übertrifft alles Maß. Ich weiß nicht, wohin mich wenden, noch was sagen, nur dies: Deine Liebe führt mich aus mir selber fort und überwindet mich, wo immer ich bin. ich sehe meine Seele von allen Dingen los und frei, so rein, so allein, so abgeschieden, dass es scheint, als wohne sie nicht mehr in meinem Leibe, der wie mich dünkt nichts anderes sucht als der Seele wie unempfindlich zu folgen. Ich habe keine Gedanken noch irgend etwas mehr, das mich aufhielte oder beschäftigte, wie es sonst gemeiniglich geschieht. Die Liebe, die mich verzehrt, kann niemand aussprechen, niemand verstehen. Sie ist unendlich und wächst dennoch alle Tage mehr und mehr.

*Armelle Nicolas (1606-1671)

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