Es ist bekannt, dass die winzigen Teile vom Auge nicht wahrgenommen werden, größere um so leichter. Solange ein Mensch irregeführt wird, ist er nicht in der Lage, die Wahrheit zu erkennen, dass er den falschen Weg geht, er ist getäuscht, als ob er den Weg der Wahrheit gehen würde …
Wenn die Täuschung schon groß ist, und diese Größe erreicht hat, dann ist man in der Lage, die Wahrheit zu sehen. Und dann sieht der Mensch, dass er den falschen Weg geht, das heißt, er enthüllt seinen wahren Zustand. Es stellt sich heraus, dass er in seiner Seele einen Punkt der Wahrheit enthüllt, der ihm zeigt, wie man auf den richtigen Weg kommt. Und das ist eine Brücke, welche die Wahrheit und Lüge miteinander verbindet, wo die Täuschung endet und der Weg der Wahrheit beginnt.
Wir streben stets nach dem Guten, nach der Wahrheit, nach der Eigenschaft des Gebens, aber wenn unsere Anstrengungen einen bestimmten Stand erreichen, dann fühlen wir genau das Gegenteil, was uns zeigt, dass wir uns in einer Lüge befinden: wir geben nichts und wollen nichts geben, kümmern uns nur um uns selbst.
Doch die Wahrnehmung von diesem falschen Zustand ist die Enthüllung der Wahrheit! Es ist zwar nicht angenehm, und der Mensch weiß nicht, was zu tun ist. Aber wenn er trotz allem wieder versucht, zur Eigenschaft des Gebens zu gelangen, diese als gut empfindet, die Wahrheit will – denn Wahrheit ist die Eigenschaft des Gebens -, dann findet er heraus, dass die Irreführung umso größer geworden ist … Aber das ist die Wahrheit! Die Wahrheit, dass er sich in der Lüge befindet.
Und das geht so lange, bis die Lüge eine solche Größe erreicht, dass es unerträglich wird, in ihr zu bleiben. Und dann schreit er so, dass die Rettung kommt.
Es gibt den Zustand selbst, und es gibt dessen Wahrnehmung. Und je mehr sich unsere wahren Zustände der Wahrheit annähern, umso polarer werden sie.
*Aus: Igrot Rabash ("Briefe [des] Rabash (№ 16)
(Es handelt sich um Briefe, die Rav Baruch Shalom HaLevi Ashlag (The Rabash) seinen Schülern schickte,
während er in Übersee war. In seinen Briefen beantwortete er die Fragen
seiner Schüler in Bezug auf ihren spirituellen Weg und Fortschritt,
erklärte die spirituelle Bedeutung der jüdischen Feiertage gemäß Kabbala
und befasste sich mit vielen anderen Themen.)
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