Bhagavad Gita



Die Bhagavadgita ist das schönste, ja vielleicht das einzig wahrhaft philosophische Gedicht, das alle uns bekannten Literaturen aufzuweisen haben“ (Wilhelm von Humboldt)

Aldous Huxley (1894-1963) schrieb 1945 über den berühmten Sanskrit-Text:
«Die Gita ist eine der klarsten und reichhaltigsten Zusammenfassungen der philosophia perennis, die je gemacht worden sind. Daher ihr andauernder Wert, nicht nur für die Inder, sondern für die ganze Menschheit.»

Im Jahre 1925 äußerte sich Mahatma Gandhi (1869-1948) in seiner Zeitung Young India über die Gita: 

«In der Bhagavadgita finde ich einen Trost, den ich selbst in der Bergpredigt vermisse. Wenn mir manchmal die Enttäuschung ins Antlitz starrt, wenn ich, verlassen, keinen Lichtstrahl erblicke, greife ich zur Bhagavadgita. Dann finde ich hier und dort eine Strophe und beginne alsbald zu lächeln inmitten aller niederschmetternden Tragödien.»

Im Westen wird die Bhagavad-Gita als ein bedeutendes philosophisches Werk anerkannt, viele große Gelehrte und Philosophen haben sie studiert und kommentiert. Beim Studium ergeben sich oft Widersprüche: Während einige Stellen anscheinend einen Dualismus lehren die Zweiheit von Natur und Geist, lehren andere die Einheit.

Mag es auch einen historischen Hintergrund geben, der Text der Bhagavadgita ist nicht als geschichtlich zu betrachten. Viele Hindus sehen ihn als Allegorie.

Eine mögliche und weit verbreitete Sichtweise ist, dass es sich um ein Zwiegespräch handelt zwischen der inneren Göttlichkeit, verkörpert durch Krishna, und der menschlichen Seele, die Arjuna darstellt.

Neben dieser sich auf das Individuum beziehenden Deutung ist es möglich, der Bhagavadgita eine Deutung zu geben, die sich auf die Menschheit als Ganzes bezieht. In dieser evolutionären Anschauung ist die Schlacht ein Aufeinandertreffen der egoistischen Kräfte mit denen der Universellen Ordnung.


Textauszug der Bhagavadgita: 

Das Licht der Lichter heißt man es,
das jenseits alles Dunkels thront,
Erkennen und Erkenntnisziel,
in jedes Wesens Herz es wohnt.

Kein Mensch vermag jemals das Handeln
aufzugeben ganz, doch wer aufgibt den Wunsch nach Lohn,
der strahlt in des Verzichtes Glanz.

Nur Toren Handeln wahnbetört, dass ihnen werde Lohn zuteil,
die Weisen Handeln frei von Hang, allein nur für der Menschheit Heil.

„Jenseits von Verdienst und schuld
steht der der die Erkenntnis hat.“

„Wer Sinne, Herz, Vernunft beherscht,
von Gier, Furcht, Zorn sich hat befreit und einzig die Erkenntnis
sucht, der ist erlöst für alle Zeit.“

„Wer durch sich selbst sein Selbst
bezwang, Dess' höh'res Selbst hat sich befreit, von Achtung und
von Missachtung, von Hitze, Kälte, Lust und Leid.“

Den Baum, der Wurzeln aufwärts streckt mit Zweigen niederwärts gekehrt
und dessen blätter Lieder sind, wer diesen kennt ist schriftgelehrt.

„Ich kündete Verborg' nes dir,das keiner andern Lehre gleicht.
Wer dies begreift und recht erkennt,der hat das letzte Ziel erreicht.“

„Kein Feuer kommt dem Wissen gleich,
es läutert und erhellt den Geist,
und sein Besitz wird dem zuteil, der
hier der Andacht sich befleißt.

Wer nach Erkenntnis strebt und seine Sinne ernst bezwingt,
der eignet sich das Wissen an, das ihm den höchsten Frieden bringt.“
Wem was von selbst sich beut, genügt,
Wer keinen Gegensatz mehr spürt,
Wem gleich sind Fehlschlag und Erfolg,
Der wird vom Handeln nicht berührt.

Wer mich, den Unerforschlichen,
für sichtbar hält aus Unverstand,
hat meine wahre Wesenheit,
die zeitlos ewig nicht erkannt.

Von Tausenden von Menschen kaum,
Ein einziger das Höchste fand,
Ja selbst von den Vollkommenen
hat selten einer mich erkannt.

Als Erde, Wasser, Feuer, Luft,
als Äther, der die Welt umspannt,
als Selbstgefühl, Verstand, Vernunft,
wird achtfach dies mein Sein genannt.