Die Sonne zeigt immer die rechte Stunde


Alle Weisen haben es kurz gesagt. Einer aber ausführlich:
Sämtliche Konfessionen der bekannten Gruppierungen sind am Anfang auf dem Weg des Wegschreiters in seinen Augen eine einzige und erscheinen als eine einzige. Stellt er einen unterschied fest oder macht er einen Unterschied, so ist er Trenner und Unterscheider, nicht Sucher. Dieses Unterscheiden ist für den Sucher noch eine Absperrung des Weges. *Hamadani

Es ist das Los des einen Meisters, das er die Wahrheit in andere Worte Kleidet, als ein anderer. Und wer nur bei einem lernt, der vernimmt nicht, wie sich die eine Wahrheit noch anhören kann. Das Wort ist nur die Schale, die Bedeutung der Kern.

Man sollte unterschiedliche Wege beschreiten. Einen jeden Glauben sollte man für eine gewisse Zeit ausüben. Wie dasselbe Wasser in verschiedenen Sprachen unterschiedlich genannt wird - einer nennt es "Wasser", ein zweiter "vari", ein dritter "aqua", etc. - so wird das Wesen des Höchsten Geistes von manchen als "Gott", von anderen als "Allah", von wieder anderen als "Brahman" angerufen. Nun meint aber jeder, gerade sein Glaube sei der einzig wahre, nur seine Uhr zeige die richtige Stunde ! Auch wenn die anderen Uhren noch so falsch gehen mögen, die Sonne zeigt immer die rechte Stunde ! Nach ihr kann man die Uhr stellen. Gott hat die unterschiedlichen Glaubenswege geschaffen, um unterschiedlichen Suchenden in unterschiedlichen Ländern zu unterschiedlichen Zeiten zu helfen.
* Sri Ramakrishna

Das Lied der Sperlinge



Er fragte den Freund, ob er sein Gebet verrichtet hätte."Ja",erwiderte dieser. Er atmete tief ein, und als er ausatmete, war ein Seufzen in seinem Atem, unendlich begütigend. Sein Freund sagte: "Alle Gebete meines Lebens gebe ich dir — gib du mir diesen Seufzer." (*Shams i Tabrīzī 1248 )

Großzügigkeit ist eine charakteristische Eigenschaft der Bewohner des Paradieses.(* Sulami (936 – 1021)

Das Gleichnis vom Regen


Der Weise sagte von seinem Wissen, dass es wie ein schwerer Regen sei, der auf die Erde falle. Ein Teil der Erde empfing den Regen und brachte aufgrund dieser Labung aus ihrem Innern Pflanzen und Leben hervor. Ein anderer, nicht weit entfernter Teil des Erdbodens sammelte das Nass und stellte es der Menschheit als Trinkwasser zur Verfügung. Ein drittes Gebiet der Erde sammelte kein Regenwasser und nahm es auch nicht auf, um Pflanzen hervorzubringen. Im ersten Fall ist der Erdboden sowohl der Nehmende als auch der Gebende. Im zweiten Fall nimmt und gibt er, aber er verwendet nicht. Im dritten Fall wird der Boden vom Regen nicht beeinflusst – weder nimmt er, noch verwendet er, noch gibt er.

Ist das Auge rein, so sieht es nichts als Reinheit. *Sanai

Der Baalschem fragte einst seinen Schüler, den Rabbi Meir: »Meirl, entsinnst du dich noch des Tages, als du aus den Heiligen Büchern zu lernen begannst – die große Stube deines Vaterhauses war voller Gäste, man hatte dich auf den Tisch gestellt, und du trugst deine Rede vor? «Rabbi Meir sprach: »Wohl entsinne ich mich. Plötzlich kam meine Mutter herein und riss mich mitten in der Rede vom Tisch. Mein Vater wurde unwillig, sie aber zeigte nur auf einen Mann im kurzen Bauernpelz, der an der Tür stand und mich ansah. Da verstanden alle, dass sie das böse Auge fürchtete. Während sie noch nach der Tür zeigte, war der Mann verschwunden.« »Ich war es«, sagte der Baal Schem Tov. »In solchen Stunden kann ein Blick großes Licht in eine Seele schütten. Aber die Furcht der Menschen baut Wände vor das Licht.«


Oneness

Zu den oberen Stufen

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Bayazid sprach: »Als der erhabene Herr mich in seiner grossmütigen Gnade zuden oberen Stufen erhoben hatte, erleuchtete er mit seinen Strahlen mein ganzes äusseres und inneres Wesen, entschleierte mir alle seine Geheimnisse und offenbarte in mir seine ganze Grösse . . . Als der erhabene Herr mein vergängliches Wesen vernichtend mich an seiner unvergänglichen Dauer teilnehmen ließ, ward die Klarheit meines Auges ins Unbeirrbare gesteigert. Gott mit Gottes Auge betrachtend, sah ich Gott durch Gott; und mich in der Wahrheit verschanzend, blieb ich ruhig und friedsam . Ich schloss die Öffnung meines Ohres, ich zog meine Zunge in meinen ohnmächtigen Mund zurück, und ich warf das geliehene Wissen hin, das ich von den Kreaturen gelernt hatte. Dank dem Beistande des erhabenen Herrn entfernte ich von mir mein sinnlichesWesen, und in erneuter Huld gab mir der Herr das anfanglose Wissen. Durch seine Grossmut hat er in meinen Mund eine Zunge gesetzt, die zu reden ver- mag,undhat mir ein Auge gegeben, dasaus seinem Lichte stammt«.


Man fragte den Sufi Bäjezid einst, was der neunte Himmel sei. » Ich bin es « , antwortete er. — » Und der Thron, der darauf ruht?« — » Auch dies bin ich « . Als man ihn weiter fragte, sprach er: »Ich bin die Tafel,ich bin der Griffel. Ich bin Abraham, Moses, Jesus. Ich bin Gabriel, Michael, Israfil. Wer in das wahre Wesen kommt, geht in Gott auf, ist Gott « .

Kleidung des Weges

Überliefert wurde, dass ein Mann zu einem Sufi Meister kam und das Derwischgewand tragen wollte. Der Sufi sagte: „Nun da gibt es ein Problem: denn, wenn ein Mann einen Frauenschleier über seinen Kopf wirft, wird er dann zur Frau ?“ „Nein“ sagte jener. „Und wenn eine Frau Männerkleidung anzieht, wird sie dann zum Mann ?“ „Nein erwiederte er“. „So wirst auch du, wenn du kein Mensch des Weges bist, durch das Anlegen jener kleidung, keiner werden.“

Der äußere Zweig muss seiner spirituellen Wurzel entsprechen, aber der innere wird nicht unbedingt von der äußeren Wurzel begleitet. Fehlt der Sinn fürs Rechte, ist da nur äußerliche Handlung ohne Bindung nach innen - sie führt ins Wesenlose und ist untauglich. Darum wendet der Weise sich zum Wesentlichen - nach innen, statt nach außen - zum Kern - statt zur Schale - zum Sein statt zum Schein.

Unser täglich Brot gib uns heut...

„Die Art und Weise, wie Brot aussieht, hängt davon ab, ob du hungrig bist oder nicht“, sprach Rumi zu einem Schüler. 

„Was ist denn Brot ?“ Fragte dieser. „Spirituelle Nahrung“! Sagte Rumi. „Was ist das, Spirituelle Nahrung ?“ „Dieses oder jenes welches dir zum Wachstum gereicht“, antwortete er. „Warum nennt man es denn dann nicht gleich so ?“ Fragte der Schüler. „Frage mich nicht solche dinge“, erwiderte Rumi. Der Schüler Fragte ganz wissbegierig: „Und was bedeutet: Wolle, Wein, Wald, Welt, König, Körper, Kopf, Kleidung, Feld, Fisch, Feuer, Blut, Stadt, Haar, Haut, Wüste, Esel, Schlange, Sternendeuter, Salz, Auge, Licht, Tal, Nacht, Sonne, Kerze, Tod, Wasser, Erde, Staub, Mond, Himmel, Mutter, Traum, Haus" und ... ?????? „Frage mich nicht“, unterbrach Rumi, ich habe dir schon viel zu viel gesagt !



Es wird berichtet in der Völker Sagen aus alten,
längst entschwundenen Tagen, folgendes habe sich
zugetragen:

Rabia wurde gefragt: „Woher kommst du?“
Sie sagte: „Aus jener Welt.“
„Und wohin gehst du?“
Sie sagte: „In jene Welt.“
„Was tust du hier ?“ wurde sie gefragt.
Sie sagte: „Ich treibe ein Spiel.“
„Welcher Art?“ wurde sie gefragt,
und sie antwortete: „Ich esse das Brot
dieser Welt und verrichte das Werk,
jener Welt“